Wussten Sie schon? – Tinnes
Susanne Keitemeier 15. Oktober 2012
Foto: Tinnes von Antje Schultner, Gewinner-Foto des Fotowettbewerbs im Jahre 2011
Rott wurde im Jahre 2003 stolze 500 Jahre alt. Zu diesem Anlass wurde vom Heimat- und Eifelverein Rott eine Bronzefigur im Dorfmittelpunkt aufgestellt, die die Person des Gemeinde- bzw. Polizeidieners darstellt, der das historische Ereignis unter dem Schwingen einer Schelle bekannt gibt.
Im folgenden soll der Aufgabenbereich dieser „Amtsperson“ und die diese Funktion ausfüllenden Charaktere näher erläutert werden.
Dem Bürgermeister in Roetgen und dem Gemeindevorsteher Rott stand im Dorf mehr als 100 Jahre lang ein Polizei-bzw. Gemeindediener als Vollzugsorgan ihrer zivilen Gewalt und Ausrufer zur Verfügung.
Johann Wilhelm Pletz (1833-1845)
„…gegen dessen Dienstführung sind keine Klagen von Erheblichkeit vorgebracht worden, indessen ist derselbe dem Trunke in etwa ergeben, welches ihn behindert, seinen Dienst ordentlich zu führen. Der Pletz kann lesen und schreiben, jedoch ohne Fertigkeit. Er hat im Jahre 1841 acht Vergehen zur Anzeige gebracht.“
Johann Jacob Rombach, Ackerer (1845-1865)
Da dem Rombach im Jahre 1847 seitens des Bürgermeisters bescheinigt wurde, dass er seine Dienstpflichten pünktlich ausübe, ein moralisches Betragen habe, lesen und schreiben könne, gewährte der Gemeinderat ihm eine Gehaltserhöhung.
Daniel Krutt, Schuster (1865-1872)
„In Rott legte der bisherige Gemeindediener und Feldhüter Daniel Krutt Ende Dezember sein Amt freiwillig nach vorheriger einmonatlicher Kündigung nieder, bloß weil seine Söhne diese Stellung nicht für ehrenvoll genug ansehen.“
Johann Krutt, Waldarbeiter (1873-1887)
§2 „Derselbe hat als Feldhüter die ihm durch Ruralgesetz vom 28. September bis 6. Oktober 1791 oder durch spätere Gesetze zugewiesenen Geschäfte zu versehen und daher insbesondere recht fleißig die sämtlichen zur Feldmark von Rott gehörigen Grundstücke zu patrouillieren, um allen Übertretungen der Feldpolizei auf die Spur zu kommen und die entdeckten Feldfrevel unter Errichtung eines getreuen Protokolls zur Anzeige zu bringen; und als Gemeindediener liegt ihm die Pflicht ob, diejenigen Bestellungen und Aufträge, welche ihm vom Bürgermeister oder Gemeindevorsteher gegeben werden, getreu und pünktlich auszuführen.“
§5 „Außerdem erhält Krutt jedes Jahr im Februar vier Taler für Uniformierungsgelder, wofür er sich aber eine anständige Dienstuniform selbst beschaffen und im Dienst stets tragen muss.“
Im Alter hat er seine Dienstpflichten nicht mehr voll wahrnehmen können, so dass sich ein Einwohner beschwerte, “seitdem seit einigen Jahren das Vieh von Schulkindern gehütet wird, scheint Privateigentum als Gemeindeeigentum betrachtet zu werden“, und das energische Einschreiten des Feldhüters fordert. Gemeindevorsteher Peter Paul Roentgen wendete jedoch ein, Krutt habe bisher immer seine Pflicht getan und außerdem habe er noch die Steineanlieferung und die Maurerarbeiten an der neuen Schule und die Waldungen zu beaufsichtigen.
Martin Schmitt, gen. „der Tinnes“(1887-1905)
„Derselbe ist 44 Jahre alt, unverheiratet, hat die Feldzüge ( 1864: Preußen-Österreich gegen Dänemark, 1866: Preußen gegen Österreich, 1870/71: Preußen gegen Frankreich) mitgemacht, ist noch rüstig und in jeder Beziehung für das Amt geeignet.“
Martin Schmitt scheint im Dorf sehr forsch aufgetreten zu sein, denn schon vor seiner Vereidigung beschwerte sich schriftlich der Präsident des Männergesangvereins St. Cäcilia, Franz Moll, über das forsche Auftreten des Polizeidieners bei einer mit Tanzmusik verbundenen Veranstaltung, die vom Verein als „nicht öffentlich“ deklariert, jedoch auf Grund des freien Eintritts von Nichtmitgliedern als „öffentlich“ anzusehen war. Dabei muss es zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen einigen Vereinsmitgliedern und dem Polizeidiener gekommen sein. Nur unter der Annahme, dass Ähnliches nicht mehr vorkommen würde, sah der Bürgermeister von einer gerichtlichen Verfolgung der Übeltäter wegen der öffentlichen Beleidigung des Beamten ab.
Behördenintern erhielt der Polizeidiener die Anweisung, die „nicht öffentlichen „ Veranstaltungen des Männergesangvereins zu meiden und die „öffentlichen“ zu beaufsichtigen, um unerlaubten Lustbarkeiten mit Ruhe aber ernstlich entgegenzutreten. Dem Polizeidiener wurde aufgetragen, nicht voreilig einzuschreiten, wie es bei einem jungen Beamten (44 !?)) wohl mal vorkommen könne.
In seinen Berichten sind die folgenden Vorfälle aufgeführt:
- Raufereien, Streitereien, Beleidigungen
- Zuführung einer weggelaufenen Ehefrau zu ihrem Mann
- Einschreiten gegen bellende Hunde und Einfangen frei herumlaufender Hühner
- Aufspüren desertierter Soldaten
- Vorführung eines Bürgers beim Arzt wegen des Verdachts auf Krätze
- Beschmutzung und Diebstahl des Bekanntmachungskastens
- Nachforschungen wegen Vogelfängerei
- Beaufsichtigung der Kinder bei der Messe
Jacob Krutt, Maschinenweber (1906-1924) gen. „Leier Jacob“ ( wohnte i. d. Leistr.)
Beamtenpflichten: Höflichkeit, Bescheidenheit, Tatkraft, Nüchternheit, Verschwiegenheit
Ausrüstung: Uniform, Dienstmütze, Helm, Säbel
Er hatte von seinem Vorgänger den alten Helm übernehmen müssen, der ihm jedoch zu klein war, schlecht saß und Kopfschmerzen bereitete. Krutt beantragte daher einen neuen Helm und legte großen Wert auf dessen Zurverfügungstellung vor der Quirinusoktav, um den üblichen Ruhestörern speziell in der Nacht von Samstag auf Sonntag in der Autorität des Diensthelms entgegentreten zu können.
Obliegenheiten als Polizei- und Gemeindediener:
- einmal wöchentlich auf der Amtsstube des Bürgermeisters erscheinen
- zweimal wöchentlich auf der Amtsstube des Gemeindevorstehers Rott erscheinen
- Unfälle, Unglücke
- Haus- und Waldbrände
- Krankheiten, Viehseuchen
- Feldhüter, Wegewärter, Laternenanzünder
- Bäche und Wasserabzugsgräben, Durchlässe, Kanäle
- Wald- und Gemeindewege, Brücken,
- Schneeräumung, Bekämpfung des Glatteises durch Asche oder Sägemehl
- Anzünden der drei Petroleumlaternen in der Hauptstrasse bei Anbruch der Dunkelheit und Löschung derselben um 11 Uhr abends
- Aushebung der Gräber, Kirchhofsarbeiten
- Bei Ausbruch des 1. Weltkriegs ging der „Leier-Jacob“ durch die Straßen, um unter Trommelwirbeln die Mobilmachung auszurufen.
Josef Fink (1925-1944)
- Berechnung und Einziehung der Elektrizitätsgelder
- Zustellung der Provinzial-Feuerversicherungszettel
- Auszahlung der Erwerbslosengelder
- Ausheben der Gräber
- Hilfspolizei bei Kirmes, Quirinusoktav und besonderen Anlässen
Quelle: Rainer Hülsheger, „500 Jahre Rott 1503-2003, Heimatblätter des Kreises Aachen“
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